Nur keinen Genierer! Warum FKK gerade unter
jungen Leuten ein Revival erleben sollte, und
was der Anblick von lederhäutigen, schlaffen
Hintern für unser eigenes Körpergefühl tun
kann.
Das erste Mal kostet immer eine Menge Über–
windung. Ich weiß noch wie mir plötzlich ganz
anders wurde, als ich in der Lobau auf dem Weg
zur Dechantlacke das Schild mit der Aufschrift
„FKK“ sah. Die Vorstellung, mich vor vielen
Wildfremden auszuziehen, verwandelte sich vor
meinem geistigen Auge zu einem peinlichen
Albtraum. Mein damaliger Freund, der eine
Hippie-Mutter hatte und ein wahrer FKK-Profi
war, überredete mich, es zumindest einmal zu
probieren. Vielleicht war es meine Erziehung,
die mir anfangs im Weg stand. In meiner Familie
war Nacktheit immer ein Tabu. Und selbst, wenn
dem nicht so gewesen wäre: Sicherlich ist der
Besuch eines FKK-Bereichs nicht jedermanns Sa–
che. Obwohl Wien und FKK eine ganz besondere
Beziehung zueinander pflegen.
FKK ALS REALITY-CHECK
Dass unter den gängigem FKK-Besuchern vor
allem ältere Leute zu finden sind, wurde auch
mir bei meinem ersten Mal an der Dechantlac–
ke schnell klar. Das liegt mittlerweile vier Jahre
zurück. Heute kann ich sagen: Unter jungen
Menschen erfreut sich das Nacktbaden neuer
Beliebtheit. Mir scheint, dass ich über die Jahre,
in denen ich es regelmäßig tue immer mehr Leu–
te in meinem Alter nackt vor Ort sind. Aber das
ist von Badestelle zu Badestelle unterschiedlich,
genauso wie es vom Wochentag des Besuchs
abhängt, welche Klientel man so antrifft. Ich
weiß noch, dass es bei meinem ersten Besuch
noch eine gemischte Gruppe von Studenten
gab, die sich direkt am Wasser niedergelassen
hatte. Sie waren alle genauso gesprächig wie
sie nackt waren. Einer von ihnen zupfte auch
auf einer Gitarre. Kleidungsstück für Kleidungs–
stück legte dann auch ich allmählich ab, und ich
fühlte mich immer wohler. Irgendwie beruhigte
es mich auch, dass so viele ältere Menschen
rund um uns herum waren, denn zu sehen, wie
„echte“ Körper aussehen, hat mich auf den Bo–
den gebracht. Bei dem ganzen #Insta-Wahnsinn
und filteroptimierten Körpern, die man im Netz
täglich sieht, verliert man tatsächlich den Bezug
zur Realität. Vielleicht ist FKK der ideale Gegen–
schlag zu all diesen rigorosen Erwartungen an
unsere Körper, und ein Instrument, mit dem man
FKK? Na klar!
Quelle: www.dasbiber.at/content/fkk-na-klar
gegen die Übersexualisierung – vor allem des
weiblichen Körpers – vorgehen kann.
Es sind keine Hollywoodschauspieler, Fitness–
bloggerinnen, oder – wenn man so will – Por–
nodarsteller, die man auf den Liegewiesen sieht.
Sondern normale Menschen, wie Du und ich.
Manche hatten mehr auf den Hüften, andere ei–
nen schlaffen Po, wieder andere waren komplett
behaart oder sahen zehn Jahre älter aus, weil
ihre Haut durch die Sonne schon so stark gegerbt
war. Die Kategorien der Schönheit sind im FKK
andere, als außerhalb. Schönheit bedeutet nicht,
den heißesten, durchtrainiertesten Körper zu ha–
ben, oder den modischsten Badeanzug. Es ist viel
schöner zu sehen, wie sehr die Badenden das
Wasser und die Sonne auf der nackten Haut ge–
nießen, oder wie sich eben eine Gruppe Studen–
ten essend und lesend am Wasser entspannt.
DAS OBERSTE GEBOT:
DU SOLLST NICHT GAFFEN!
Laura ist 28 Jahre alt, und erinnert sich noch gut
an ihren ersten FKK-Badetag. Sie war damals 17,
und begleitete ihre ältere Schwester und ein paar
Freunde in die Lobau. Nacktheit war in ihrem
Elternhaus völlig normal. Sie wuchs in einem
Haus mit Garten auf, in dem ihre Mutter sich im
Sommer gerne oben ohne in die Sonne legte.
„Anfangs war das Nacktsein an der Dechantlac–
ke völlig normal für mich. Aber mir fiel schnell
ein älterer Mann auf, der mich anstarrte. Erst
dann war mir das sehr unangenehm“, sagt sie.
Diese unausgesprochene, oberste Regel im FKK-
Bereich, wurde damit gebrochen: Du sollst nicht
gaffen.
Obwohl diese Regel so offenkundig ist, kann man
sich nie sicher sein, dass alle Menschen sie auch
einhalten. Im äußersten Fall hilft immer das Ge–
genmanöver: „Was schaust’n so blöd?“ Die mei–
sten Gaffer fühlen sich bei dieser Konfrontation
ertappt und sehen peinlich berührt weg.
LEBEN UND LEBEN LASSEN?
„Wenn man aus der Nacktheit keine große Sa–
che macht, ist man auf der sicheren Seite“, weiß
Laura. In Wien gibt es einige Badestellen, die so–
zusagen inoffiziell-offiziell zum Nacktbaden frei–
gegeben sind. Dazu gehören, neben der Dechant–
lacke, eine Seite des Ziegelteichs, oder einzelne
Abschnitte der Donauinsel. Bei meiner Recherche
stieß ich auf eine Frage, bei der sich die Mei–
nungen stark unterschieden. Muss man im FKK
denn wirklich blankziehen, wenn es kein regle–
mentierter Nacktbereich ist? Mit anderen Worten:
Muss man sich, beispielsweise am Ziegelteich im
Erholungsgebiet Wienerberg, wirklich ausziehen,
wenn das nicht kontrolliert wird?
Laura hat dazu eine klare Meinung: „Ich fühle
mich schlecht und beobachtet, wenn jemand zu
einer FKK-Badestelle kommt und sich nicht aus–
zieht. Dazu kann man ja einfach woanders zum
Baden hingehen, wo man angezogen sein muss.
Ich kenne viele Leute, die würden sich nicht ein–
mal in der Sauna ausziehen, wenn es nicht Pflicht
wäre. Aber das sollte im FKK immer gelten.“ Mar–
kus ist 33 Jahre alt, und besucht hin- und wieder
einmal eine FKK-Badestelle in Wien. „Im Gänse–
häufel gibt es einen ausgewiesenen FKK-Bereich,
wo sich alle ausziehen müssen – das ist dort eben
Vorschrift. Aber in der Lobau muss ich mich nicht
ausziehen. Ich finde, das das jedem selbst über–
lassen bleiben sollte, ob man nackt sein will oder
nicht. Persönlich behalte ich meine Badehose
gerne in der Lobau an, weil ich mich eben wohler
fühle.“ Sowohl Laura, als auch Markus scheinen,
aus verschiedenen Gründen Recht zu behalten.
Letzten Endes siegt das unglaublich gute Gefühl
von kühlem Nass und heißer Sonne auf der Haut
– ganz ohne lästigen Synthetik Stoff. So wird
Nacktbaden übrigens auch zu einer nachhaltigen
Sache für die Umwelt. Also worauf wartet ihr?
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